24.01.2020

Kein anderes Thema beschäftigt Hannover derzeit so vielschichtig wie das Thema der Mobilität. Bei der Veranstaltung des bbs im Kulturzentrum Pavillon Hannover stand die Frage im Raum “Wie bewegen wir uns morgen? ” und der kleine Saal platzte fast aus allen Nähten. Über 200 Hannoveraner*innen waren gekommen. Oliver Kuklinski und Rebekka Jakob führten als Moderator*innen kurz in die Thematik Mobilität ein.
Das bbs hatte die Idee, dass es zum Thema wichtig ist miteinander zu reden, Wege zu finden und dann gemeinsam zu handeln. Weg vom Gegeneinander, denn niemand ist nur Nutzer*n eines Verkehrsmittels, wir alle nutzen die Stadt und die können wir nur gemeinsam fortentwickeln. Dafür haben wir ein gutes Beispiel an dem Abend gelebt. Die Redeanteile der Menschen im Plenum waren fast genauso groß wie die der Impulsgeber*innen. Und das wichtigste: sie waren miteinander im Gespräch, jede*r hatte die Gelegenheit in der Gruppe die eigenen Mobilitätsbedürfnisse zu erzählen und zu erfahren, welche Verkehrsmittel die anderen Nutzen und benötigen.

Aktuelle Themen der Mobilität in Hannover:

Ausbau Radverkehrs
Infrastruktur
365€ – Ticket im GVH Autonomes Fahren Autofreie Innenstadt Flächengerechtigkeit
Öffentlicher Raum für
alle = fair!
Micromobilität
Scooter + Co.
Ausbau ÖPNV
Stadtbahn Südstadt,
neue Gleise Hbf
E-Mobilität
PKW/ LKW
Straßensanierung
Geibelstr.,
Schmiedestr.,
Braunstr.,
….
U21 Jahrescard 150€ Verkehrssicherheit
LKW Abbiegeassistent,
Bike flash,
Mobilnetzwerk
Region Hannover
Superblocks
Anwohnerzone
Parkraumbewirtschaftung
kostenfreier ÖPNV Citylogistik
Luft- und Lärmemission
Parkchaos
Stellplatzmangel
PKW-Zuwachs
Shopping- und Pendelverkehr

Der Zukunftsvisionär des Volkswagenkonzerns Wolfgang Müller-Pietralla, der in Hannover Biologie studiert hat und dessen Kinder hier geboren sind, brachte die klare Message mit, dass wir nur gemeinsam die Stadt der Zukunft gestalten können. Derzeit gebe es sehr diverse Szenarien und Vorstellungen der Zukunft, gebraucht wird eine gemeinsames Bild der Zukunft. Diese zu entwickeln ist abhängig von Werten und wird je nach kultureller Ausrichtung auf verschiedenen Kontinenten auch unterschiedlich ausfallen. Einen internationalen Konsens zu erreichen erachtet Herr Müller-Pietralla daher als schwierig.
Es brauche klare Veränderungen der Infrastruktur, die dafür sorgen, dass zum einen Verkehrswege vermieden werden durch Dezentralisierung. Zum anderen muss aber auch die Mobilität neu organisiert werden, derzeit kommen immer weitere Mobilitätsangebote hinzu ( bspw. e-Mobilität oder Car-, scooter- und  Ride-sharing Anbieter), aber auch die Etablierten bleiben bestehen. Mit dem autonomen Fahren wird die Komplexität der Organisation des stehenden und fließenden Verkehrs weiter zu nehmen.
Weitere Lösungsansätze zu Erhaltung von Lebensqualität in Städten sind seines Erachtens außerdem unter anderem in der vertikalen Aufbewahrung von Fahrzeugen und in der Sicherstellung des fließenden Verkehrs zu finden. Die Digitalisierung von Fahrzeugen kann dazuführen, dass Ampeln zu Regelung des Verkehrs zukünftig überflüssig werden und Fußgänger und Radfahrer dennoch gefahrlos die Straße überqueren können.

Christine Rettig, Sprecherin vom ADAC, und Dirk Hillbrecht, Vorstandsmitglied des ADFC, haben bekannte Positionen ihrer Clubs versiert vertreten. Unser Moderator Oliver Kuklinski regte an, dass die beiden Mobilitätsclubs gemeinsam eine Vision der Zukunft der Mobilität entwickeln sollten, das sorgte für freundliche Heiterkeit.

Frau Rettig meint das Ziel der Mobilität müsse sein, dass alle sicher an ihr Ziel kommen. Der ADAC plane daher eine Kampagne die zum Perspektivwechsel einlädt und dazu auffordern soll, sich in die Fahrer*innen eines Lieferwagens, Autos, Fahrrades oder E-Scooters hineinzuversetzen. Sie appellierte, dass jede*r sich zunächst selbst fragen sollte: „Was will ich beitragen?“ zu einer zukunftsgerichteten nachhaltigen Mobilität.

Herr Hillbrecht betont, dass das Fahrrad an sich ein sehr umweltgerechtes aber auch ein sehr sozial gerechtes Verkehrsmittel ist. In dem Masterplan Mobilität wolle die Stadt Hannover den Fahrradverkehr auf 25% bis 2025 steigern, aktuell liegt der Anteil bei 19% und die Zahlen stagnieren seit 7 Jahren. Er plädiert dafür dem Radverkehr den Platz zugeben, den dieser braucht. Zwei Drittel aller Wege in der Stadt könnten komplett mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Aber die gefühlte Unsicherheit des Fahrradfahrens vermeide, dass mehr Menschen mit dem Fahrrad fahren. Es müsse daher mehr Platz auf den Straßen geschaffen werden für zu Fußgehende und Radverkehr.

Der Forschungsleiter Mobilität vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung Ingo Kollosche brachte mit seinem Impuls die soziale Dimension der Mobilität in den Raum.
Er hat deutlich gemacht, dass all die Innovationen, die im Rahmen der Digitalisierung Einzug halten, vor allem dort greifen, wo Unternehmen damit einen Markt erschließen. Ökologische Effekte (im Sinne von weniger Fahrten) sind dadurch aber bisher nicht eingetreten. Deutschland hat im Gegenteil einen Höchststand an KFZ-Zulassungen.
Das Herz der Transformation der Mobilität sieht Herr Kollosche daher im ÖPNV in Städten, aber auch auf dem Land, wo dieses oft große Lücken aufweist.
Sprich ein gerechtes Mobilitätskonzept der Zukunft braucht die öffentliche Daseinsvorsorge, um den ÖPNV gerecht und flächendeckend auszubauen. Ohne den ÖPNV würden alle die nicht genug Geld, Jugend, Gesundheit, Bildung also Zugang zum Markt haben oder womöglich außerhalb der Stadt wohnen von Mobilität abgehängt. E-Mobilität sollte daher genutzt werden um Lücken des ÖPNV zu schließen. Über eine Plattform – Ökonomie wäre all dies machbar und die Mobilität der Zukunft ließe sich auch für den einzelnen leichter und flexibler organisieren, hinsichtlich der Nutzung verschiedener Antriebsarten und Nutzungsmuster. Aber es ist nicht leicht die Gewohnheit zum eigenen Auto als Verkehrsmittel zu durchbrechen.

Nach einer weiteren Austauschrunde im Plenum in dem sich das Publikum auf die wichtigsten Fragen einigten und verständigten, wurde die Podiumsdiskussion im Fishbowlformat eröffnet. Das Gespräch wurde dabei durch die Fragen aus dem Publikum entwickelt. Folgende Fragen sind Beispiele dafür:

  • Wie kann ÖPNV im ländlichen Raum realisiert werden? Auch für Alte Menschen?
  • Wie können kurzfristig substantielle Emissionsminderungen erreicht werden (10% pro Jahr, zur Erreichung der Ziele des Klimaschutzabkommens von Paris 2015)
  • Wie kann ein Umdenken in Punkto Mobilität erreicht werden? Wer ist bereit auf sein Auto zu verzichten?

Was die Teilnehmer*innen an weiteren Aspekten und Fragen bewegten, kann unten auf den Bildern der Flipcharts entnommen werden.

Weiterlesen:

Diskussionsbeiträge aus dem Publikum:

Diskussionsbeiträge aus dem Publikum: