Dritte Orte – Orte für ALLE in der City
14.05.2024
Zwei Veranstaltungen im aufhof mit Jugendlichen und Interessierter Stadtöffentlichkeit
Dritte Orte – Räume für Jugendliche in der City
Folgerichtig für eine Veranstaltung zu Dritten Orten beherbergte uns der aufhof, das ehemalige Horten-Kaufhof-Galeria-Kaufhaus in der City und seit mehr als einem Jahr ein Experimentierfeld für Dritte Orte in der Innenstadt. Vormittags erforschten rund 50 Jugendliche im Alter von 14 Jahren aus der Ricarda-Huch-Schule und ihrer niederländischen Austauschklasse das Thema Dritte Orte aus der Jugendperspektive. Leitfragen waren: Was sind Dritte Orte eigentlich genau? Was bieten sie Nutzenden im Vergleich zum Zuhause, der Arbeit, Schule oder rein kommerziellen Orten?
Begleitet wurden wir von Benjamin Grudzinski, er ist Stadtplaner, Architekt, Initiator des PLATZprojektes und der Initiative Hüttenstraße e. V. Er kennt sich also aus mit selbstgemachten und unkommerziellen Orten und welchen Nutzen sie für die Stadtgesellschaft entfalten. Wir erfuhren, welche Orte die Jugendlichen aufsuchen: Ganz vorne mit dabei sind Freiräume wie der Stadtwald Eilenriede, Seen in der Umgebung und Spielplätze, aber auch die Innenstadt wurde häufig genannt. Diese Orte werden dicht gefolgt von Sportstätten, vor allem Schwimmbädern, Fußballvereinen und Sporthallen genannt. Weniger im Fokus standen: kommerzielle Orte wie Dönerläden, Cafés oder Buchläden. Als nicht kommerzielle indoor-Aufenthaltsorte wurden von den Jugendlichen nur zweimal die Bibliotheken genannt.
Spannend wurde es, als wir uns angeschaut haben, welche Verbesserungen sich die Jugendlichen wünschen. Häufig sind ihnen die Orte, die sie aufsuchen, zu dreckig und sie haben Angst vor alkoholisierten oder drogenabhängigen Personen. Sie wären lieber mehr für sich und haben das Gefühl, in den Freiräumen Mobbing ausgesetzt zu sein. Ihnen fehlen spezifische altersgerechte Angebote, sie erleben Parks, Straßen und Bibliotheken oft als langweilig. Auch Wetterbedingungen führen dazu, dass sie Freiräume nicht nutzen: zu heiß, zu kalt, zu nass.
Die Jugendlichen hatten aber auch klare Vorstellungen, wie dies zu ändern sei. Sie wünschen sich: freies W-Lan, Orte zum Musikspielen (laut oder auf öffentlichen Kopfhörern), Wasserspiele, Toiletten, Schutz vor Wetter, rauchfreie Zonen, Ruheorte, Events und mehr naturnahe Gestaltungen.
Dritte Orte – Räume für ALLE in der City
Am Abend kamen Erwachsene zu Wort. Wir hatten Raum um über die Wünsche der Jugendlichen zu sprechen und tauschten uns mit Benjamin Grudzinski und Dr. Tom Becker (Leiter der Bibliotheken in Hannover) über unterschiedliche unkommerzielle Dritte Orte aus. Dabei wurde klar, dass es einen Unterschied von selbstgemachten Communityspaces wie dem PLATZprojekt oder der Initiative Hüttenstraße und Offenen Orten der Begegnung wie Bibliotheken gibt. Beides sind wichtige Pole innerhalb einer ganzen Landschaft von unterschiedlichen Dritten Orten. Sie entstehen teilweise Bottom-Up (zivilgesellschaftliche Initiativen) aber auch Top-Down (städtische/staatliche Aktivitäten und Förderungen). In Bottom-Up gestarten Projekten sind die Räume stark an ihre Nutzer*innen angepasst, Top-Down geschaffene Räume sind mit großer Offenheit gestaltet, sodass sich so viele Bevölkerungsgruppen wie möglich in Ihnen wohlfühlen. Wir tauschten uns auch dazu aus, wie man Dritte Orte wie Freizeitheime oder Bibliotheken teilhabefähiger machen könnte, wie es also gelingen könnte, zivilgesellschaftliche Initiativen in öffentlich bereitgestellten Räumen zur Entfaltung zu bringen? Könnte man untergenutzte Freizeitheime oder andere untergenutzte städtische Einrichtungen oder Teile von Bibliotheken z. B. temporär ausschreiben, etwa für soziokulturelle Nutzungen durch Initativen? Würde sich so eine Idee auch für Jugendliche eignen, um sich vorhandene Orte anzueignen? Wer übernimmt dann die Verantwortung und die Aufsicht? Wie sind Schnittstellen zwischen staatlichen Regeln und lokaler kreativer Energie erfolgreich gestaltet? Viele Fragen wurden gestellt und machten die Komplexität und die Vielschichtigkeit des Themas anschaulich.
Die Frage wie Räume und Nutzer*innen zusammenfinden zog sich durch den Tag. Bedürfnisse und Räume sind da, aber welche Voraussetzungen braucht es, um an den vorhandenen Orten anzukommen, sich wohl zu fühlen und Engagement zu entfalten? Die Antwort: Viele Orte. Viele Orte, die unterschiedlich sind und andere Funktionen, anderes Aussehen, andere Organisationsstrukturen haben/ermöglichen. Nur so kann den diversen Lebensrealitäten aller Städter*innen begegnet werden. Ein Raum für ALLE bleibt wohl eher eine Utopie, viele Räume für vielfältige Ansprüche sind eher die Perspektive, auch für die Belebung unserer Innenstadt.
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