Veranstaltung im Rahmen des E-Damm für alle – 20.09.2024 Parklet statt Parkplatz – Nachbarschaft selbst gemacht
in Kooperation mit der ARLAkademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft)
Parklets und Freiraum in der Stadt: Ein Dialog über Zukunft und Potenzial
21. Oktober 2024, Kristina Pritzl
In Zeiten des Klimawandels wird die Frage nach dem richtigen Umgang mit öffentlichen Flächen immer dringlicher. Besonders in Städten, in denen der Verkehr einen Großteil des Raums beansprucht, bieten Parkplätze oft ein großes, nur monofunktional genutztes Potenzial. Deshalb haben wir den Rahmen einer Fishbowl Diskussion am Parking Day innerhalb der Veranstaltung “E-Damm für alle” genutzt, bei dem unter anderem Personen aus Wissenschaft, Praxis und Studium sich der Frage widmeten: Welche Rolle spielen Parkplätze und wie könnte dieser Raum vielfältiger genutzt werden?
Teilnehmende Personen waren:
Lena Hoppe (Wert der Dinge)
Leonie Wiemer (LUH)
Carolin Pleines (ARL)
Anne Finger (ARL)
Anna Finn (bbs)
Kristina Pritzl (bbs)
Parkplätze in Lehre und Forschung: 12 m² Freiraum
Leonie Wiemer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Landschaftsarchitektur der LUH (Uni Hannover), beschäftigt sich mit dem Thema „Parkplätze“ aus der Perspektive der Lehre und Forschung. Während einer Stegreifwoche an der Universität wurden von Studierenden viele verschiedene Entwürfe zum Thema „12 m² Freiraum“ entwickelt – ein Format, das bei den Studierenden großes Interesse geweckt hat. Die Entwürfe wurden im Rahmen der Veranstaltung bei einer Ausstellung Bürger*innen gezeigt.
Der Parkplatz als Raum von durchschnittlich 12 Quadratmetern, also etwa der Größe eines Kinderzimmers, ist oft den ganzen Tag von einem privatem Pkw belegt und bleibt sonst ungenutzt. Studierende setzten sich in zahlreichen Entwürfen, insbesondere in der Nordstadt, damit auseinander, wie man diesen Raum umgestalten und beleben könnte.
Dabei steht nicht nur das Endergebnis im Fokus, sondern auch der Prozess der Zwischennutzung. Leonie Wiemer hebt hervor, dass der Parkplatz ein Raum ist, der überwiegend nur von einer einzigen Person genutzt wird, während gleichzeitig 43 % der Haushalte in Hannover gar kein Auto besitzen. Hier stellt sich die Frage der Gerechtigkeit in der Flächenverteilung.
Mobilnetzwerk und die Förderung von Parklets
Lena Hoppe vom Design Studio “Wert der Dinge” beschäftigt sich seit Jahren als Produktgestalterin mit dem Thema Parklets. In Zusammenarbeit mit dem Mobilnetzwerk der Region Hannover und einem Förderprogramm, das bis Juli Regionskommunen die Errichtung von Parklets ermöglichte, wurde daran gearbeitet, den Wert dieser kleinen grünen Oasen zu betonen. Für Hoppe haben Parklets einen enormen Mehrwert: Sie schaffen Raum für Begegnungen und Dialoge, sie bringen die Nachbarschaft zusammen und sorgen dafür, dass öffentliche Räume weniger anonym sind.
Ein Parklet, das in der Charlottenstraße Ecke Deisterstraße errichtet wurde, zeigt, wie solche Maßnahmen funktionieren. https://punkt-linden.de/news/neues-parklet-linden-sued/
Möbel, die für viele Menschen zugänglich sind, ermöglichen es, sich zu treffen, über mehrere Ebenen zu kommunizieren und ein Bewusstsein für die Umgebung zu schaffen. Auch in der Innenstadt wurde vor kurzem eines eröffnet. Im Rahmen eines Brainstormings entstanden zwei verschiedene Parklet-Entwürfe:
- Die erste Variante zielte darauf ab, ein „nachbarschaftliches Miteinander“ zu fördern und den Raum zu begrünen. Hier ging es um den sozialen und ökologischen Mehrwert der Parklets.
- Die zweite Variante fokussierte sich auf die Verkehrsberuhigung und die CO2-Reduzierung. Die Hälfte des Raums wurde für Fahrradständer und eine kleine Reparaturstation genutzt. Dies war Teil eines größeren Maßnahmenkatalogs, um den Verkehr zu reduzieren und gleichzeitig die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen.
Von der Theorie zur Praxis: Erfahrungen aus anderen Städten
Wie können Parklets als dauerhafte Bestandteile der Stadtentwicklung etabliert werden? Erfahrungen aus Städten wie Amsterdam, Paris und Kopenhagen zeigen, dass der Weg zu einer innovativen Stadt oft steinig ist und zunächst auf viel Gegenwind bei Bürger:innen stößt. München etwa startete mit der Umgestaltung der Sendlinger Straße, wo die Anwohner anfangs skeptisch waren. Heute ist die Straße für den Verkehr gesperrt und das Konzept wurde verstetigt.
Doch Parklets können gut als Vorboten für einen veränderten Stadtraum agieren, sind in ihrer aktuellen Form temporäre Installationen. Sie sollen getestet und evaluiert werden, bevor sie möglicherweise fest in das Stadtbild integriert werden. Ein gutes Beispiel dafür ist die Idee, Parklets an Kiosken oder in anderen belebten Bereichen zu platzieren, wo sie der Community einen Mehrwert bieten.
Die Rolle der Verwaltung und der Bürger
Ein zentraler Punkt in der Diskussion sind die Rollen der Verwaltung und der Anwohner. Oft scheitern Projekte an den bürokratischen Hürden oder der fehlenden Haftung. Lena Hoppe berichtet von eigenen Erfahrungen, bei denen die Verantwortung/Versicherung für das Parklet-Projekt eine Hürde darstellen. Hier sei es wichtig, dass die Stadt klare Leitfäden herausgibt und die Beteiligung von Vereinen und Bürger
ermöglicht. Die Frage, wie man den Menschen die Gewohnheit, immer einen Parkplatz zu haben, „abgewöhnen“ kann, stellt sich in vielen Städten. Es braucht Zeit und Sensibilisierung, um die Akzeptanz solcher Projekte zu fördern. Der Vergleich mit Kopenhagen, einer fahrrad affinen Stadt, zeigt, dass hier politische Ziele gesetzt und konsequent verfolgt wurden. In Deutschland hingegen gibt es eine starke Autolobby, die Projekte wie Parklets oft bremst und verkompliziert.
Ein Anfang ist gemacht: Parklets als Chance für die Stadt
Das Fazit unserer Veranstaltung: Der Anfang in Hannover ist gemacht. Parklets sind mittlerweile im Stadtraum sichtbar und bieten den Menschen Raum zur Aneignung. Doch es bleibt noch viel zu tun. Prozesse müssen vereinfacht und die Beteiligung der Bürger*innen weiter gestärkt werden. Die Verwaltung muss auf die steigende Nachfrage reagieren und einfache Strukturen schaffen, um die Umsetzung der Projekte zu ermöglichen.
Mit dem Mobilnetzwerk und der Zusammenarbeit mit der Stadt sind erste Schritte getan. Wenn mehr Menschen das Thema in den Stadtrat bringen, könnte dies den entscheidenden Impuls für eine nachhaltige Stadtentwicklung geben. Denn der Bedarf nach mehr öffentlichem Raum, der nicht nur Autos dient, ist in der Bevölkerung eindeutig vorhanden.
Fazit: Parklets bieten eine Möglichkeit, den urbanen Raum neu zu denken und mehr Lebensqualität in die Städte zu bringen. Sie fördern soziale Interaktion, tragen zum Klimaschutz bei und schaffen Raum für alle – nicht nur für Autos. Es braucht vor allem Unterstützung aus den Reihen der Verwaltung, die den Grundstein für eine möglichst einfache Bürokratie legen können.
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