GERECHTE STADT SELBER MACHEN
Mach(t) Politik – lokal und engagiert
Donnerstag, 6. November 2025
Eine Veranstaltung des Büros für Beteiligungskultur und Stadtentwicklung Hannover e. V. (bbs) in Kooperation mit der VHS Hannover
Wie funktioniert Lokalpolitik – und wie kann sie unsere Stadt gerechter machen?
Rund 40 Menschen kamen am 6. November 2025 in die VHS Hannover, um mit Lokalpolitiker*innen ins Gespräch zu kommen. Persönlich, aufrichtig und nahbar schilderten vier Gäste aus Stadtrat und Bezirksräten Hannovers, wie sie zur Politik gefunden haben, was sie antreibt – und wo die Grenzen ihrer Arbeit liegen.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Jan Egge Sedelies und Oliver Kuklinski.
Persö
nliche Zugänge, politisches Engagement
Die Gesprächsrunde zeigte: Politik beginnt oft im Alltag. So berichtete Andreas Pieper (SPD), dass er über den Sport zur Politik kam – und erst einmal lernen musste, wie politische Strukturen und Sprache funktionieren. Unterstützt durch Bildungsangebote der Friedrich-Ebert-Stiftung, SPD und Verdi, engagiert er sich heute unter anderem für die Förderung von Sportinfrastruktur und Kleingärten: „Die Kommunikation zwischen Vereinen und Verwaltung muss besser werden.“
Ute Dommel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) machte deutlich, wie wichtig Netzwerke und Förderung sind: über das Mentoring-Programm „Frauen in die Kommunalpolitik“ kam sie zur Ratsarbeit, mit dem Wunsch, eine bessere Zukunft zu gestalten. Ihr Herzensprojekt ist ein „Tiny Forest“ im Stadtbezirk Vahrenwald-List. Sie betonte: „In der Kommunalpolitik sieht man schneller konkrete Ergebnisse als auf Bundesebene.“
Diana Rieck-Vogt (CDU) erzählte, wie sie durch eine direkte persönliche Ansprache in ein politisches Ehrenamt rutschte – erst im Elternbeirat, dann im Stadtteilforum. Und Wilfried H. Engelke (FDP) beschrieb, wie politische Verantwortung für ihn untrennbar mit bürgerschaftlichem Engagement verknüpft ist.
Was motiviert – und was bremst?
In der Diskussion wurde deutlich: Lokalpolitik ist kein Hobby. Sie verlangt Zeit, Geduld und Durchhaltevermögen. Viele Politiker*innen stehen dabei vor realen Herausforderungen:
- die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Ehrenamt,
- wenig Anerkennung für politische Arbeit auf kommunaler Ebene und
- eine zunehmende Ungeduld in der Öffentlichkeit: „Viele wollen sofort Ergebnisse – aber Politik ist Arbeit auf Zeit“, sagte Diana Rieck-Vogt.
Immer wieder betonten die Gäste, wie wichtig ein respektvoller Umgang sei – gerade auch in digitalen Räumen, wo Anfeindungen zunähmen. Gleichzeitig wurde deutlich, wie viel Sinn und Energie sie aus der politischen Arbeit schöpfen: „ich mache das, weil ich meine Stadt liebe“, so Andreas Pieper.
Beteiligung braucht Räume – und Übersetzung
In der Arbeitsphase diskutierten die Teilnehmenden in Gruppen die folgenden drei Fragen:
- Was überrascht?
- Was wünschen wir uns?
- Was möchten wir den Politiker*innen mitgeben?
Die Ergebnisse wurden auf Flipcharts festgehalten und anschließend im Plenum gespiegelt.
Überraschend war für viele der überparteiliche Konsens in vielen grundsätzlichen Fragen – aber auch der enorme Zeitaufwand, der fachliche Anspruch, der lange Atem, den es in politischen Prozessen braucht, und die Belastung durch Mehrfachrollen. Persönliche Anfeindungen wurden als sehr problematisch empfunden.
Gewünscht wurden mehr Bürger*innennähe, ein respektvolles Miteinander unter Politiker*innen, offene Haltungen statt Parteidenken sowie eine stärkere Orientierung an der Sache. Auch Dialogfähigkeit und Beharrlichkeit wurden positiv hervorgehoben. Ein Teilnehmer sagte treffend, „wenn wir nicht miteinander reden, reden wir übereinander.“
Mitgegeben wurden sehr konkrete Bedarfe. So braucht es laut der Teilnehmenden
- mehr Einsatz für generationsübergreifendes Wohnen,
- Präsenz und Nahbarkeit vor Ort,
- Schutzräume für Frauen und Kinder,
- mehr Transparenz und politische Bildung, insbesondere in Schulen und auch in Betrieben,
- verständliche Sprache statt Verwaltungsdeutsch,
- physische Räume für Beteiligung: Stadtteilzentren, Nachbarschaftstreffs, offene Gesprächsformate und, vor allem,
- Motivation, Teilhabe zu ermöglichen und Hemmschwellen abzubauen.
Die Gruppenphase zeigte eindrücklich: Viele Menschen möchten mitgestalten – wenn Zugänge, Sprache und Haltung stimmen.
Aus der Veranstaltung haben wir gelernt:
- Niedrigschwellige Einstiege sind entscheidend – viele Politiker*innen kamen nicht über Parteien, sondern durch persönliche Ansprache in ihre Rolle.
- Mentoring und Fortbildung stärken den Einstieg.
- Zivilgesellschaftliches Engagement muss sichtbar und unterstützt werden – Ehrenamt braucht Struktur, Rückhalt und Anerkennung.
- Demokratie lebt vom Mitmachen. Und sie braucht Räume, in denen Menschen ihre Erfahrungen und Fragen ernst genommen sehen.
- Persönliche Begegnung ist sehr wertvoll.
- Beteiligung darf nicht an Verwaltungsdeutsch, vollen Terminkalendern oder Unsicherheit scheitern.
Die positive Resonanz nach der Veranstaltung zeigte deutlich: Nicht nur für die Teilnehmenden war es bereichernd, Einblicke in kommunalpolitisches Engagement zu erhalten – auch die eingeladenen Politiker*innen und der Moderator hoben die offene Atmosphäre und den persönlichen Austausch hervor: „Eine sehr sinnvolle und gute Veranstaltung – gerade auch mit Blick auf die Gewinnung neuer Interessierter für Kommunalpolitik“, schrieb Wilfried Engelke.
„Das war eine sehr persönliche und wertige Werbung für kommunalpolitisches Engagement – mutig und wichtig in dieser Form“, so Moderator Jan Sedelies.
Und Ute Dommel betonte: „Die Offenheit und persönliche Atmosphäre dieser Runde waren etwas ganz Besonderes. Es braucht mehr solcher Formate, in denen Kommunalpolitik nahbar, dialogorientiert und authentisch erlebt werden kann.“
Ein großes Dankeschön an unsere Gäste, die rund 40 Teilnehmenden, die Moderatoren Jan Egge Sedelies und Oliver Kuklinski – sowie an die VHS Hannover für die Zusammenarbeit!
Die Veranstaltung war Teil der Reihe GERECHTE STADT SELBER MACHEN.

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